Dieter Schrage: 1976 Aus/Inlandsschlachthof St. Marx



Was heißt hier „ARENA”?

 Sprechen wir heute über die ARENA, so müssen wir uns im klaren sein, daß wir eigentlich über drei verschiedene „Orte” sprechen.

 
ARENA: Festwochen 1970–1976

Es begann 1970 mit der von den Wiener Festwochen im Museum des 20. Jahrhun-derts als avantgardistisches Festwochen-Studio eingerichteten ARENA, wobei der Name ARENA auf den arenaartigen Aufbau der Zuschauerreihen dieser Museums-bühne verweist….

ARENA: „Heißer Sommer ‘76”

ARENA meint vor allem auch die Besetzung des aufgelassenen Auslandsschlacht-hofes von St. Marx in der Zeit vom 27. Juni bis 10. Oktober 1976, d.h. den sogenannten „heißen Sommer ‘76” (Gertrude Fröhlich-Sandner). Diese von vielen Kulturschaf-fenden, Intellektuellen, SozialarbeiterInnen, StudentInnen, aber auch zahllosen jugendlichen ArbeiterInnen, Arbeitslosen, Drop-outs u.a. getragene, über mehr als zwei Monate powervolle Besetzung begann unmittelbar nach der letzten Aufführung der Festwochen-ARENA, die 1975 und 1976 in der großen Halle des Auslands-schlachthofes veranstaltet worden war (u.a. mit dem berühmten Grand Magic Circus von George Savary).

Initialzündungen für die Besetzung gingen einerseits von Aktivitäten einer Architektur-studentInnen-Gruppe der Peichl-Klasse aus, die für den 26. Juni ’76 unter dem denkmalschützerischen Slogan „Der Schlachthof darf nicht sterben” zu einem Treffen auf dem Gelände des Auslandsschlachthofes aufgerufen hatte, andererseits auf das Anti-Schleiferfest am Naschmarkt zurück, wo am 27. Juni die Gruppen Keif und Schmetterlinge – sie waren auch an der Festwochen-ARENA beteiligt und wurden in den ersten Wochen wesentliche Träger der ARENA-Besetzung – aufforderten, am Abend in den Schlachthof von St. Marx zu einer Aktion mit offenem Ende zu kommen. Es wurde kolportiert, daß für den 10. Juli die Caterpillar zum Abbruch des architektur-geschichtlich bedeutsamen und als Kulturgelände akzeptierten Auslandsschlacht-hofes bestellt seien. Etwa 500 bis 700 Personen folgten in der Nacht vom 27. auf den 28. Juni diesen Aufrufen.[3]

ARENA: Inlandsschlachthof

ARENA meint auch das heute noch aktive Kultur-, Jugend- und Kommunikations-zentrum im Inlandsschlachthof von St. Marx. Nach dem einhellig beschlossenen Auszug der BesetzerInnen aus dem Auslandsschlachthof am 10. Oktober 1976 – Ende September/Anfang Oktober d.J. war es innerhalb der Arenauten zu heftigen Diskussionen betreffs möglicher Verhandlungen über das Gemeinde-Alternativ-angebot Inlandsschlachthof gekommen, doch letztlich fand sich keine tragfähige Mehrheit für die Aufnahme solcher Gespräche – und nach einem baldigen Abbruch des Schlachthofes bildete sich Ende Oktober/Anfang November 1976 eine Personen-Initiative aus ehemaligen ARENA-BesetzerInnen. Diese war an der Aufnahme von Verhandlungen mit der Gemeinde Wien zum Zwecke der Errichtung eines offenen, selbstverwalteten Kultur-, Jugend- und Kommunikationszentrums auf dem immer noch zur Disposition stehenden Inlandsschlachthof interessiert.

Mit Erlaubnis des Autors leicht editierte Auszüge aus Dieter Schrage: Gegenkultur, autonome Jugendkultur in Wien seit 1945 (unveröffentlichtes Manuskript)