ASK : ASK - Hausbesetzung und §§278ff
26. April 2011
Am 19. August 2010 wurde im Zuge der „Sommer, Sonne, Squattingaction“ das Gebäude Humboldtstraße 32, das angelehnt an die Pinguinart den Namen „Squatting Penguin“ erhielt, in Nähe des zukünftigen Hauptbahnhofs besetzt und am 26. August von der Polizei geräumt. Zwei Monate nach der Räumung kehrten die Aktivist*innen zurück zu ihrem liebgewonnenen „Squatting Penguin“, diesmal wurde das Gebäude aber freiwillig verlassen. Seit dem steht es wieder leer und ist deutlich schwerer zugänglich als zuvor.
Mittlerweil wurden alle während der ersten Räumung perlustrierten und in Wien und Umgebung gemeldeten Besetzer*innen in unterschiedlicher Art und Weise zur Sicherheitsdirektion der Bundespolizei vorgeladen: Bei der ersten Person stand die Polizei vor der Tür der Wohngemeinschaft, musste aber wieder abziehen, da die betroffene Person nicht zu Hause war. Wegen einer Adressänderung hatte sie keine schriftliche Ladung erhalten. Als sie nach dem Besuch der Polizei bei der Sicherheitsdirektion anrief, hieß es, es sei gut, dass sie sich gemeldet habe, sonst wäre sie in der Nacht geholt worden. Der Ladung nachgekommen ging es zwar erst um eine andere Aktion, weil sie aber schon mal da sei, könne sie sich ja auch gleich zur Anschuldigung im Fall der Humboldtgasse äußern. Ebenfalls gleich vernommen wurde die unangekündigt mitgebrachte Vertrauensperson, die schon beim Eintreten namentlich gegrüßt wurde. Einer dritten beschuldigten Person solle bitte ausgerichtet werden, sie möge sich melden. Diese und die vierte Aktivit*in erhielten dann aber doch noch eine schriftliche Ladung. Vorgeworfen werden den vier Beschuldigten Sachbeschädigung (§125 StGB?) und schwere Sachbeschädigung (§126 StGB?). Der Vorwurf des Energieentzugs nach dem StGB? fiel weg, da die unerlaubte Benutzung hausinternen Stroms nicht in das Tatbestandsbild des §132 fällt und mangels eines Zählers auch keine Strommenge feststellbar war. Für die durch die Polizei während des Räumungsversuchs verursachten Beschädigungen am Eingangstor wird von der Eigentümerin kein Ersatz gefordert, da das Gebäude sowieso generalsaniert werden müsse.
Da Hausbesetzungen in Österreich keinem Straftatbestand entsprechen, ist Sachbeschädigung der übliche, aus Besetzungen hervorgehende, Straftatsvorwurf. Als politisch motivert zu wertende Straftaten fallen in die Zuständigkeit des LVTs. „Die Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus in allen Erscheinungsformen, Spionageabwehr und internationalem Waffenhandel ist Hauptaufgabe der Mitarbeiter dieser Abteilung.“ ist in dessen Selbstbeschreibung zu lesen. Der Begriff des „Extremismus“ ist rechtlich nicht definiert. Anders verhält es sich mit „Terrorismus“, der im §278c des StGB? geklärt ist. Extremismus ist demnach alles, was dort nicht reinfällt, aber den Repressionsbehörden ein Dorn im Auge ist – alles also, was nicht der radikalen Mitte entspricht und politisch nicht ausschließlich durch den Wahlgang und hin und wieder das friedliche Schwenken von ein paar Fähnchen auf einer angemeldeten Demo partizipiert.
Auf der einen Seite stehen also vier Personen, die keine strafrechtlich relevante Tat begangen, aber eine politisch motivierte Aktion gesetzt haben. Auf der anderen Seite stehen Straftaten (nämlich Sachbeschädigungen), die keiner bestimmten Person zugeordnet werden können. Kommt uns das bekannt vor? Da war doch was… Ach ja, da gab es ja diesen Paragrafen, wegen dem gerade noch 13 Tierrechtsaktivist*innen in Wr. Neustadt vor Gericht stehen. In diesem Zusammenhang erscheint auch die Tatsache interessant, dass alle als linksextrem gewerteten, also nicht aus einer Bürger*inneninitiative hervorgehenden, Hausbesetzungen in einem Akt zusammengefasst werden, wohingegen bis vor Kurzem noch über jede Besetzung ein eigener Akt geführt wurde. Bei der Vernehmung der ersten beiden Beschuldigten teilte der Referatsleiter den Vorgeladenen direkt mit, dass sie alle, wenn es nach ihm ginge, wegen §§278ff angeklagt würden. So wie diese formuliert sind, wäre das aber zur Zeit noch nicht möglich. Wir hoffen, dass das noch eine Weile so bleibt und warten auch mal ab, welches Urteil am 2. Mai bei besagtem Prozess in Wr. Nuestadt verkündet wird (http://antirep2008.tk). Auf jeden Fall gilt aber: Passt auf euch auf und vor allem darauf, wann ihr mit wem was und wie besprecht und wo ihr was wann und wie veröffentlicht!
Und: Wir sind immer noch da – und dass wir alle §278a sind, haben wir euch eh schon immer gesagt.