Gassergasse



Adresse: Gassergasse 1, 1050 Wien
Erste Aktivität: 1981 Zeitraum: März 1981 - Juni 1983 Status: historisch

Schon mit dem Mythos, das Haus besetzt zu haben, brachte der Anteil ehemaliger Burggarten-"Rasenfreiheit"-Aktivisten in das Kultur- und Kommunikationszentrum Gassergasse, "GAGA", das Feeling, exterritorial in einem "rechtsfreien Raum" zu agieren. Wobei der Klang des Adjektivs "rechtsfrei" auch alles etwaige Faschistoide des übergeordneten Staatswesens in diesem nur ein Haus umfassenden Staat im Staate auszuschließen schien.
Allein dieses Bewusstsein ermutigte "Gagaisten", Schritte zu wagen, die mittlerweile "autonomes" Szene-Gemeingut geworden sind. Doch 1981 war es keineswegs selbstverständlich, Schwulengruppen zu integrieren, Kindern eine autoritätskritische Erziehung angedeihen zu lassen und eine realitätsorientierte, flexible Drogenpolitik zu betreiben.
Abgesehen davon brachten die Punks, die aus allen ach so liberalen Kulturzentren rausgeflogen waren, eine Art Matriarchat mit. Wahrscheinlich nur, weil in einer im Schnitt 16 Jahre alten Menschengruppe Mädchen weiter entwickelt sind als Burschen. Aber immerhin. Die GAGA hatte in allen entscheidenden Gremien mindestens so viele Frauen wie Männer sitzen, ohne Ideologien zu bemühen.
Am angenehmsten war in der GAGA überhaupt das unbürokratisch Unideologische, sie war libertär. So sehr, dass der Staat, der darauf gehofft hatte, die Anarchos würden sich in diesem Haus mit ihren Egoismen gegenseitig zerfleischen, dem Experiment eventuell auch deshalb ein Ende bereitete, weil es hätte zeigen können, dass es ohne Bürokratie und Staatsgewalt eben auch geht.
Und der Staat hat sich nichts Gutes getan mit der Schleifung der GAGA (1983). Die Aktivisten schwärmten, - auch schon während der Existenz der GAGA - überallhin aus und waren entscheidend mitbeteiligt an der Gründung der "Rosa Lila Villa", der "Schule Hofmühlgasse", dem "Planet Music", den autonomen Häusern in der Spalowski- und Ägidigasse, dem Kunstzentrum Zieglergasse, den besetzten Häusern in Thurnergasse und Myrthengasse, etc. Es ging nicht gut aus mit der GAGA, aber sie konnte sich vermehren.

Text: Christian Schreibmüller